Icke und Dette auf großer Reise

Aale aus dem Aquarium Berlin werden in den natürlichen Lebensraum zurückgeführt.

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Vor mehr als 20 Jahren zogen die beiden Europäischen Aale – welche später von Tierpfleger*innen auf die Namen Icke und Dette getauft wurden – mit einer Sondergenehmigung in das Aquarium Berlin. Nun werden die vom Aussterben bedrohten Aale sich auf eine lange Reise begeben und die Chance bekommen, ihren natürlichen Lebenszyklus zu vollenden.

Das geheime Leben der Aale: Sie verbringen die meiste Zeit in Seen und Flüssen, am Ende ihres Lebens wandern jedoch alle Aale zur Fortpflanzung in die Sargassosee, ein Meeresgebiet im Atlantik östlich Floridas. Nun werden zwei Aale aus dem Aquarium Berlin wieder in den natürlichen Lebensraum zurückgeführt, sodass sie ihre letzte Reise in den Atlantik antreten können. „Icke und Dette sind 2001 als verletzte Jungtiere zu uns ins Aquarium gekommen. Nach Rücksprache mit den Behörden haben wir uns der beiden angenommen. Inzwischen haben sie sich zu wirklich stattlichen Tieren entwickelt und messen nun rund einen Meter“, erklärt Revierleiter im Aquarium Marco Hasselmann. Bereits seit ein paar Wochen hat das Aquarium-Team die Zurückführung von Icke und Dette vorbereitet. „Wir haben Wassertemperatur und pH-Wert sukzessive an die Bedingungen in der Havel angepasst, sodass die beiden optimal auf ihre Reise vorbereitet sind. Da sie zudem wohlgenährt und an natürliches Futter gewöhnt sind, sind wir zuversichtlich, dass sie ihre Reise erfolgreich beenden werden“, ergänzt Hasselmann. Vermutlich werden die beiden sattgefressenen Aale sich direkt an den Grund der Havel begeben, sodass Angler aktuell keine Gefahr für Icke und Dette darstellen. Auf ihrer langen Wanderung in den Atlantik fressen die Tiere nicht – sie bilden ihre Verdauungsorgane, zugunsten der Ausbildung von Geschlechtsorganen, sogar zurück.

Ein besonderer Moment an einem historischen Ort: Ihre große Reise haben Icke und Dette am 28. Oktober 2021 an der Glienicker Brücke angetreten – dem Symbol der innerdeutschen Grenze. Von hier aus werden die beiden Aale in die große weite Welt ziehen. „Aale geben uns trotz internationaler Forschungsbemühungen noch immer so einige Rätsel auf", bestätigt Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem. "Der Europäische Aal ist vom Aussterben bedroht. Seit den 1970er Jahren sind seine Bestände um mehr als 90% zurückgegangen", ergänzt Knieriem. Hauptursachen für die Bedrohung sind Überfischung, Parasiten und der Verlust des Lebensraumes durch Verschmutzung der Gewässer und zunehmende Bebauung von Flüssen, die sie für die Tiere unpassierbar machen. Ausgewachsene Aale sind besonders als Räucherware beliebte Speisefische, auch die kleinen Glasaale gelten in einigen Ländern als Delikatesse. Obwohl die Tiere von der IUCN als "Vom Aussterben bedroht" eingestuft werden, ist der Fang nach wie vor legal.

Hintergrund: Europäischer Flussaal

Die komplexe Fortpflanzung der Aale gehört seit über zwei Jahrtausenden zu den großen Mysterien der Tierwelt, die bisher noch niemand ganz gelüftet hat. Schon Aristoteles beschäftigte sich mit der Frage, woher die schlangenähnlichen Fische stammen und auch Jahrhunderte später suchten Forschende – darunter auch Siegmund Freud - noch immer vergeblich nach einem männlichen Aal als Anzeichen einer geschlechtlichen Fortpflanzung. Die Vermutung, Aale entstünden im Schlamm oder bei den europäischen Aalen handelte es sich lediglich um verirrte Weibchen der amerikanischen Aale, konnten inzwischen zwar wiederlegt werden, dennoch wurde bis heute noch keine Paarung von Aalen beobachtet und in menschlicher Obhut gelang es bisher noch nicht, die Tiere zu züchten.

Der faszinierende Kreislauf des Raubfisches im Detail:

Aale sind wahre Meister der Metamorphose, weniger in der Form als in der Anzahl der Verwandlungen, die die geheimnisvollen Tiere durchleben. Die Europäischen Aale kommen in der Sargassosee zur Welt und kehren später auch dorthin wieder zurück, um sich dort zum ersten und letzten Mal in ihrem Leben fortzupflanzen. Die Reise, die sie in der Zwischenzeit unternehmen ist so rätselhaft wie abenteuerlich: Als sogenannte Weidenblattlarven Wandern die Europäischen Aale aus der Sargassosee östlich von Florida nach Europa. Für diese rund 6000 km lange Reise benötigen sie in etwa drei Jahre. Kurz vor der Europäischen Küste verwandeln sich die Larven in die ebenfalls durchsichtigen Glasaale. Mit der nächsten Metamorphose wachsen sie zu Gelbaalen (der Name rührt von der gelblichen Färbung ihres Bauches her) heran, die im Frühjahr von den Küsten flussaufwärts in die Binnengewässer wandern. Aus den Salzwasserfischen werden so Süßwasserfische. In den europäischen Flüssen und Seen wachsen die Aale in den nächsten Jahrzehnten zu ihrer vollen Größe heran. Weibchen werden bis zu einem Meter oder größer, während Männchen mit 60 cm schon eine stattliche Größe erreicht haben. Die größten Tiere bringen bis zu sechs Kilogramm auf die Waage. Mit 15 bis 25 Jahren macht sich ein Großteil der Aale dann auf den Weg zurück ins Meer. Bei ihrer Wanderung sind Aale äußerst zielstrebig: Um von A nach B zu kommen, können sie kurze Strecken sogar durch feuchtes Gras zurückliegen. Dabei hilft ihnen die Fähigkeit, über ihre Haut Sauerstoff aufzunehmen. Die letzte große Verwandlung durchleben die mysteriösen Aale in ihren letzten Wochen im Süßwasser, in denen sie sich auf die lange Reise zurück zu ihren Wurzeln vorbereiten: Aus dem Gelbaal wird ein Silberaal, seine Farbe wechselt von grün-braun zu silber-grau, der Verdauungstrakt entwickelt sich zurück und es bilden sich die Geschlechtsorgane aus. Innerhalb eines Jahres, währenddessen sie keine Nahrung zu sich nehmen und nur von ihren Fettreserven zehren, durchqueren sie den Atlantik zurück zur Sargassosee. Dort laichen sie kurz vor ihrem Tod ab und schicken so ihren Nachwuchs auf die nächste große Reise.

Weitere spannende Aal-Fakten:

  • Die Geschlechtsreife setzt bei den Männchen im Alter von sechs bis neun Jahren ein, bei den Weibchen im Alter von zehn bis 15 Jahren.
  • Im natürlichen Lebensraum werden Aale etwa 20- 30 Jahre, in Ausnahmefällen bis zu 50 Jahre alt, in menschlicher Obhut können sie bis zu 100 Jahren alt werden.
  • Aale sind nacht- und dämmerungsaktiv
  • Aale ernähren sich von Würmern, Larven, Fischen, Fischlaich und Krebsen
  • Auf der Heimreise im Atlantik schwimmen sie tagsüber in bis zu 1000 Metern Tiefe, nachts kommen sie bis wenige Meter an die Wasseroberfläche
  • Je nach Futterangebot und Temperatur wachsen die Aale unterschiedlich schnell
  • Neueren Studien zur Folge besitzen Aale einen Magnetsinn und orientieren sich bei der Wanderung am Magnetfeld der Erde.
  • Aale sind zu unvergleichlichen Sinnesleistungen in der Lage, ihr Geruchssinn erlaubt das Riechen einzelner Moleküle, d.h. sie können Duftstoffe in -zig millionenfacher Verdünnung wahrnehmen

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