Stacheln wie ein Igel, ein Schnabel wie ein Vogel, ein Beutel wie ein Känguru und kräftige Grabekrallen wie ein Maulwurf. Diese eierlegenden Säugetiere, erinnern in ihrer charmanten Kuriosität nicht nur Harry Potter Fans an echte Niffler aus der Zauberwelt: Im Nachttierhaus des Zoo Berlin leben nun zwei Neuguinea-Kurzschnabeligel.
Einer der beiden Schnabeligel ist in Berlin sogar bereits eine kleine Berühmtheit: Ende 2022 schlüpfte im Tierpark Berlin erstmals seit 115 Jahren ein Berliner Kurzschnabeligel aus dem Ei. Das kleine Männchen von damals heißt heute Murik und ist inzwischen in den Zoo Berlin gezogen. Gemeinsam mit dem Weibchen Amea, das an ihren orangeroten Stacheln zu erkennen ist, hat er sich bestens in seinem neuen Zuhause eingelebt. Mit etwas Glück lassen sich die beiden bei ihren Ausflügen im Nachttierhaus beobachten - oft schnüffelnd und scharrend, fast so, als wären sie tatsächlich auf der Suche nach funkelnden Schätzen.
Kurzschnabeligel - auch unter dem Namen „Ameisenigel“ bekannt - verfügen über elektroempfindliche Rezeptoren an der röhrenförmigen Nase, um Nahrung aufzuspüren. Gemeinsam mit dem Schnabeltier gehören sie zu den sogenannten Monotrematen - den einzigen Säugetieren der Welt, die Eier legen. „Die Monotrematen sind eine sehr urtümliche Gruppe der Säugetiere, die es bereits zu Zeiten der Dinosaurier gab“, erklärt Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem. „Mit diesen Tieren haben wir in unserem Nachttierhaus nun quicklebendige Zeitzeugen der Evolution und eine echte zoologische Rarität. Dass es uns in Berlin gelungen ist, Nachwuchs großzuziehen, zeigt die fachliche Kompetenz und Leidenschaft, mit der unser Zoologie-Team bei der Sache ist.“
Denn ihr Fortpflanzungsverhalten ist außergewöhnlich: In einer Art Paarungspolonaise, auch als „echidna love train“ bekannt, folgen interessierte Männchen ihrer Herzensdame. Nach der Paarung legt das Weibchen ein weintraubengroßes Ei und verstaut es in einer temporären Bauchtasche. Zehn Tage später schlüpft das gummibärchengroße Jungtier, das sogenannte „Puggle“. Nach zwei Monaten wachsen erste Stacheln, woraufhin das Muttertier ihren pieksenden Nachwuchs in einer Höhle versteckt und dort regelmäßig säugt - direkt aus Milchfeldern im Fell, denn Zitzen besitzen Schnabeligel nicht.
„Das Wissen über Tiere ist die Basis für erfolgreiche Erhaltungszuchtprogramme. Dieses Wissen können wir uns oft erst durch die Beobachtung der Tiere in menschlicher Obhut aneignen", erklärt Biologe und Säugetierkurator Dr. Florian Sicks. „Dass es Zoos inzwischen gelungen ist, durch wissenschaftliche Studien und intensiven internationalen Austausch mit Fachkolleg*innen mehr über diese Tiere und ihr Fortpflanzungsverhalten zu lernen, ist ein großartiger Erfolg. Für die vom Aussterben bedrohten Verwandten, die ebenfalls auf Neuguinea beheimateten Langschnabeligel, könnte dieses Wissen einmal überlebenswichtig werden", berichtet er weiter. Ob es bei Murik und seiner stacheligen Gefährtin eines Tages Nachwuchs gibt, bleibt offen. Aber eines ist sicher: ein Besuch im Nachttierhaus lohnt sich in jedem Fall.
Wissenswertes zum Kurzschnabeligel
- … leben in Australien, auf Tasmanien und auf Neuguinea.
- … ernähren sich im natürlichen Lebensraum in erster Linie von Ameisen, Termiten und Insekten – deshalb werden sie auch Ameisenigel genannt.
- … können bis zu 45 Jahre alt werden.
- … wurden 1792 erstmals von der westlichen Wissenschaft beschrieben.
- … legen Eier – eine Entdeckung, die 1887 gleichzeitig in Frankfurt und Sydney gemacht wurde.
- … können schwimmen.
- … verdanken ihren wissenschaftlichen Namen Tachyglossus aculeatus ihrer langen, schnellen Zunge – diese schleckt mit bis zu 100 Bewegungen pro Minute.