Der betagte Sumatra-Orang-Utan Mano (47) musste heute aufgrund einer unheilbaren, fortgeschrittenen Krebserkrankung eingeschläfert werden.
Mano wurde am 9. April 1977 in Rotterdam geboren und lebte seit 1981 in Berlin. Über Jahrzehnte prägte er als Anführer seine Gruppe, insbesondere durch sein liebevolles Verhalten gegenüber seinem Sohn Bulan (15) und dessen Mutter Bini (44). In den vergangenen Tagen beobachteten seine Tierpfleger*innen besorgt, dass sich Mano zunehmend veränderte. Seine Bewegungen wirkten verlangsamt und er fraß sowie trank nur noch unregelmäßig. Um der Ursache auf den Grund zu gehen, wurde am 25.02.2025 eine umfangreiche Untersuchung – unter anderem mittels Computertomographie (CT) – vorgenommen. Bereits im vergangenen Jahr war bei Mano ein bösartiger Tumor am linken Ohr festgestellt worden. In Narkose wurde dieser operativ entfernt. Der Krebs hatte Metastasen gebildet, sodass weitere Tumore an beiden Armen und am Kehlsack ebenfalls entfernt werden mussten. „Nun kehrten die Tumore zurück und auch die Lunge war inzwischen stark beeinträchtigt, was dem Orang-Utan das Atmen erschwerte. Eine Therapie, wie bei menschlichen Krebspatient*innen, ist bei einem Wildtier selbst im Zoo nicht möglich. Auch aufgrund seines sehr hohen Alters gehört es zu unserer Aufgabe als Veterinärmediziner, unseren Patienten unnötiges Leid zu ersparen“, erklärt Dr. Andreas Pauly, Leiter der Abteilung für Tiergesundheit, Tierschutz und Forschung der Zoologischen Gärten Berlin. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 40 - 45 Jahren hatte Mano mit seinen 47 Jahren ein stattliches Alter erreicht.
Die Entscheidung Mano einzuschläfern, fiel nach sorgfältiger Abwägung durch ein Expert*innen-Team von Zoo und Tierpark Berlin sowie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW). „Der Hauptbefund der computertomographischen Untersuchung ist eine stark beeinträchtigte Lungenfunktion. Dazu kamen diverse Organveränderungen, u.a. bei Herz und Leber, die uns in der Entscheidung, ihn zu erlösen, bestärkt haben“, erklärt Guido Fritsch, Veterinärmediziner und CT-Spezialist am IZW.
„Jeder Verlust eines unserer Tiere ist für mich und das gesamte Team eine traurige Nachricht. Nachdem uns das vergangene Jahr mit den Panda-Zwillingen, Zwergflusspferd Toni und gleich drei Giraffenjungtieren im Tierpark viel Freude bereitet hat, zeigte der Beginn des neuen Jahres, wie eng Freud und Leid beieinander liegen. Denn Geburt und Tod sind der Kreislauf der Natur – auch und besonders in einem Zoologischen Garten“, erklärt Zoodirektor Dr. Andreas Knieriem. Mit Mano verliert der Zoo Berlin einen besonderen Charakter, der Gäste und Pfleger*innen über Jahrzehnte mit seiner Ruhe und Souveränität beeindruckt hat. Es leben nun noch Orang-Utan Weibchen Bini sowie ihr Sohn Bulan im Zoo. Mittelfristig wird sich der Zoo Berlin von dieser Tierart verabschieden und sucht zusammen mit dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm für Sumatra-Orang-Utans nach einer neuen Gruppe für die verbliebenen Tiere. Derzeit werden Spenden für ein modernes neues Zuhause für die Gorilla-Familie gesammelt.
Sumatra-Orang-Utan - Vom Aussterben bedroht
Der Orang-Utan gehört zu den Menschenaffen. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit dem Menschen und ihrem bevorzugten Lebensraum in den Baumwipfeln werden sie auch als Waldmenschen bezeichnet. Weibchen bringen erst mit etwa 15 Jahren zum ersten Mal Nachwuchs zur Welt. Die Jungtiere bleiben bis zu sieben Jahre bei ihrer Mutter. Mit durchschnittlich neun Jahren haben Sumatra-Orang-Utans von allen Säugetieren die längsten Geburtenabstände. Auch damit kommen sie dem Aufzuchtverhalten der Menschen am nächsten. Im Gegensatz zum Anstieg der Art Homo sapiens schrumpft die Anzahl der Baumbewohner jedoch rasant. Weniger als 10.000 Orang-Utans leben noch auf Sumatra. Das bedeutet, dass jeder verbleibende Orang-Utan für das Überleben dieser Tierart auf der Erde eine außerordentlich hohe Bedeutung hat: als Träger seltener Gene und als potenzieller Fortpflanzungspartner. Deshalb wurde die Art von der IUCN als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Wie ihr Name bereits verrät, kommen Sumatra-Orang-Utans ausschließlich im nördlichen Teil der indonesischen Insel Sumatra vor. Die indonesischen Regenwälder gehören zu den globalen Zentren der biologischen Vielfalt. Auf Sumatra ist es gesetzlich verboten, Orang-Utans zu fangen, zu verletzen, zu halten, zu transportieren oder zu verkaufen. Doch das Gesetz hat wenig Einfluss auf die Praxis. Der Lebensraum der Menschenaffen schrumpft rapide durch die Rodung von Urwäldern für Holz und Palmölplantagen. Auch durch den Bau neuer Straßen wird der noch bestehende Lebensraum fragmentiert und Populationen voneinander abgeschnitten. Wenn Wälder abgeholzt werden, werden ihre ehemaligen Bewohner, wie die Orang-Utans oft getötet. Wenn sich die Tiere in angrenzende Plantagen flüchten, werden sie dort entweder von den Besitzern getötet oder sie verhungern. Verwaiste Jungtiere werden auf dem Schwarzmarkt für viel Geld als Haustiere gehandelt.